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How Deep is your Love?

Deepfakes im Kontext digitaler und epistemischer Gewalt

Im Zentrum des Dissertationsprojekts steht das Phänomen digitaler Gewalt. Studien (u. a. HateAid 2024) belegen, dass digitale Gewalt häufig mit einem sogenannten Silencing-Effekt einhergeht, der zu einem Verstummen bestimmter Stimmen im digitalen Raum führt. Dieses Silencing wird in erkenntnistheoretischen Debatten im Kontext epistemischer Gewalt verhandelt. Das Projekt greift daher im Sinne der Grounded Theory die Konzepte epistemischer Gewalt als sensibilisierende Konzepte auf (vgl. Brunner 2020; Dotson 2011; Fricker 2007; Spivak 1988). Epistemische Gewalt beschreibt systematische Formen der Unterdrückung von Wissen, etwa wenn Menschen daran gehindert werden, Wissen zu äußern, zu erwerben oder als glaubwürdig anerkannt zu werden. Solche Prozesse verlaufen häufig entlang sozialer Differenzlinien wie Herkunft, Geschlecht oder sozialer Stellung. Das Projekt geht davon aus, dass digitale und epistemische Gewalt in einem wechselseitigen und sich gegenseitig verstärkenden Verhältnis stehen.

Vor diesem Hintergrund wird ein theoretisches Modell entwickelt, das Deepfakes in zweifacher Weise auf ihre epistemische Wirkung analysiert: als Täuschung einerseits und als Entwürdigung andererseits. Der Fokus verschiebt sich dabei von einem technikzentrierten Erkennungsparadigma hin zu einem Verständnis von Deepfakes als Symptom gesellschaftlicher Machtverhältnisse.

Auf diesen theoretischen Grundlagen verfolgt das Projekt einen empirisch-partizipativen Forschungsansatz, der mithilfe von Fokusgruppen und Interviews sowohl Expert:innen als auch Betroffene einbezieht. Ziel ist es, Deutungsmacht und Teilhabe an Wissensproduktion gerade für jene zu ermöglichen, die von digitaler Gewalt betroffen sind oder in diesem Bereich arbeiten. Darüber hinaus werden verschiedene Bildungsmedien hinsichtlich ihrer Potenziale für Interventionen analysiert und Ansätze für neue Handlungsstrategien skizziert. Dabei geht es zum einen um individuellen Schutz, und zum anderen um einen Beitrag zum Gemeinwohl, indem sie eine gerechtere und widerstandsfähigere digitale Öffentlichkeit fördern.

Postdigitalität, verstanden als allgegenwärtige digitale Infrastruktur, nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Digitalisierung ist keine separate Erscheinung, sondern bildet den Rahmen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens und beeinflusst folglich auch die Art und Weise, wie Gewalt ausgeübt wird. In diesem Kontext kennzeichnet Postdigitalität die Fortsetzung unterschiedlicher Gewaltdimensionen – darunter psychische, strukturelle, epistemische und kulturelle Gewalt – in den digitalen Raum.